Кыргызстанда баары мүмкүн – In Kirgistan ist alles möglich
… war einer der ersten Hinweise, den ich von meinem
kirgisischen Gastbruder während unserer gemeinsamen Arbeit im CBT-Büro bekommen
habe. Nun, nach 4 Monaten hier in Bokonbaevo, muss ich sagen, dass da tatsächlich
so einiges dran ist!
Doch was überhaupt ist CBT und was genau mache ich
hier?
CBT bedeutet ‚Community
Based Tourism‘ und ist eine Tourismusgesellschaft in Kirgistan, die in fast
jeder Stadt und in touristisch-interessanten Gebieten eine beliebte
Anlaufstelle für Touristen bietet. So geht es hauptsächlich erst mal um die
Vermittlung von Schlafplätzen in Gasthäusern und Jurtencamps. Außerdem werden
je nach Region auch Trecking- oder Reittouren sowie Vorstellungen von Adlerjagd
und traditionellem Handwerk angeboten. Vor allem für Individualtouristen und
Backpacker stellen die vielen CBT-Büros eine einzigartige Möglichkeit dar das
ganze Land problemlos und selbstständig zu bereisen.
Beshbarmak |
CBT ist allerdings kein Wohlfahrtsverein, das Ziel
ist also schon Profit zu erwirtschaften. Dennoch lassen sich die Leitmotive am
Namen erkennen: Es soll ein Tourismus in Kooperation mit der lokalen
Bevölkerung gefördert werden. So handelt es sich bei den Gasthäusern um
Privatleute mit freien Zimmern und einigen Bequemlichkeiten wie Dusche und
Toilette und auch die restlichen Angestellten, sei es nun Guide oder
Adlerjäger, sind Dorfbewohner, die außerhalb des Tourismus einer anderen
Beschäftigung nachgehen. Allerdings ist eine andere Art des Tourismus hier in
Kirgistan, bis vielleicht auf die Nordküste des Issyk-Kul, gar nicht möglich,
da es erstens an der dementsprechenden Infrastruktur und zweitens an den Massen
von Touristen mangelt.
Im Dorf |
Ich bin seit August dieses Jahres Freiwilliger im
CBT-Büro in Bokonbaevo, das an der touristisch weniger erschlossenen Südküste
des Issyk-Kul liegt. Zwar gibt es hier größere Hotelanlagen, allerdings sind
die Wenigsten davon in Betrieb oder gar zu Ende gebaut worden. Bokonbaevo ist
mit seinen rund 15.000 Einwohnern die größte Stadt auf dieser Seite des Sees
und daher ein häufiger Stopp bei Touristen. Neben Trecking- oder Reittouren in
die umliegenden Berge ist hier vor allem die Adlerjagd ein beliebtes Angebot
des CBT. Bei der doch etwas ungewöhnlichen „Show“ wird ein ausgemergelter Hase
freigelassen, auf den sich sogleich ein ausgewachsener Steinadler stürzt. Der
ungleiche Kampf endet schließlich damit, dass der Adler, umringt von einer
Horde fotografierender Touristen, den Hasen komplett, bis auf das Fell,
verspeist.
Anfangs war meine Hauptaufgabe vor allem das
Übersetzen zwischen Touristen und meinen Kollegen bzw. meiner Chefin, die kaum
Englisch sprechen. Dank meiner ausgezeichneten
Kirgisischkenntnisse, hat mir diese Arbeit doch sehr viel Energie geraubt und
ich bin abends regelmäßig wie ein Toter ins Bett gefallen. Mittlerweile, da
mein Kirgisisch tatsächlich besser und die Touristen weniger geworden sind, ist
es sehr überschaubar im kleinen Bokonbaevo. Nach sehr langer Vorbereitungszeit
ist es mir nun tatsächlich gelungen einen Englischunterricht auf die Beine zu
stellen und so versuche ich nun täglich Kindern und CBT-Angestellten diese
Sprache etwas näher zu bringen. Generell ist das Arbeiten hier doch schon etwas
anders als in Deutschland. Es ist zwar nicht alles möglich in Kirgistan, aber so einige Sachen lassen sich doch
um einiges einfacher und vor allem informeller regeln. So wird vieles auch erst
am jeweiligen Tag organisiert, was mir mit meiner deutschen Einstellung hierzu (Das kann man doch auch vorher schon planen!)
doch einiges an kultureller Kompetenz abverlangt hat! Schließlich bin ich
für die Touristen dann der einzige Ansprechpartner, wenn sie morgens 2 Stunden
warten müssen, bis die Pferde für die Tour eingesammelt worden sind und sie
endlich loslegen können.
Und was gibt es außerhalb der Arbeit noch so zu tun?
Nun zuerst mal gibt es viele Feste (toi) zu feiern
und jeder, der ebenfalls vorhat nach Kirgistan zu kommen, kann sich schon einmal
darauf vorbereiten viele Toasts beim Wodkatrinken vortragen zu dürfen. Gäste zu
haben ist ein großer Spaß und eine Verpflichtung zu gleich, denn so wird zum
Beispiel ein 60ster Geburtstag mit allen Personengruppe wie Kollegen, Freunden
und Nachbarn separat gefeiert. Und zu einem solchen Fest wird dann das Kronjuwel
der kirgisischen Küche serviert: Beshbarmak.
Spätestens bei diesen Anlässen zahlt sich dann auch jede noch so kleine
Kenntnis des Kirgisischen aus, denn die Leute freuen sich so sehr, wenn ein
Ausländer versucht ihre Sprache zu sprechen. Und so wird man schnell zum
Liebling am Dastorkon und darf feste mitprosten.
Dann kann man sich natürlich auch noch die Zeit
damit vertreiben dieses wunderschöne Land zu bereisen und die Natur zu
bestaunen. Dank meiner Arbeit bei CBT konnte ich schon tolle Reit- und
Wandertouren unternehmen und mich jedes Mal aufs Neue erschlagen zu lassen.
Leider ist es hierzu mittlerweile definitiv zu kalt und ich muss viel meiner Zeit
im Haus verbringen, das leider fast genau so kalt ist wie draußen.
Und zu guter Letzt gibt es da natürlich auch noch
die Forschung, welche ständig auf einen wartet! Ich schreibe über die
Jurtenproduktion in Kyzyl-Tuu und Bokonbaevo und konzentriere mich dabei auf
die Arbeitsteilung innerhalb der Dörfer bzw. zwischen den Akteuren, sowie auf
die Variationen der Jurten(-herstellung) im Zusammenhang zu den verschiedenen
Zwecken, wofür diese eingesetzt werden. Mein Tipp an alle, die gerade ebenfalls
ihr Mobilitätssemester planen ist allerdings Folgender: Plant euch eine
separate, freie Zeit für die Forschung ein! Denn ich merke selbst gerade, wie
schwierig es ist den Freiwilligendienst und die Forschung zeitgleich unter einen
Hut zu bringen. Daher nehme ich mir immer wieder etwas
Zeit von der Arbeit frei, um mich dann ausschließlich auf die Forschung
konzentrieren zu können. Zum Glück ist
das in Kirgistan so einfach möglich…