Anja Uhlmann -
Tbilisi, Georgien
Auslandsaufenthalt
vom 02.09. – 30.11.2013
Diese Aussage
meines Gastvaters führt direkt in mein Interessensgebiet. Warum bin ich für ihn
jetzt eine Frau? Vor drei Jahren war ich für alle Familienmitglieder ein
Mädchen. Was gibt ihm Anlass mich jetzt Frau zu nennen? Ist es mein Alter,
meine Kleidung, habe ich mich im Haushalt bewiesen, ein gebührliches Verhalten
an den Tag gelegt oder ist es doch die Verlobung mit meinem Lebensgefährten?
Noch weiß ich es nicht, kann nur Vermutungen anstellen.
Die Wohnung hat
sich nicht verändert, alles ist noch am gleichen Platz. Die Renovierung wurde
vertagt. Vom Balkon bietet sich ein herrlicher Blick über einen kleinen Teil
der Stadt und das Riesenrad, was in der Nacht angestrahlt immer still zu stehen
scheint.
Die Hektik und der Stress einer Großstadt
sind allgegenwärtig. Es ist niemals still. Hupende Autos, der Nachbar, der
gerade seine Wohnung saniert, die Frau, die morgens ihre Milch im Innenhof
lauthals anbietet. Ruhe findet sich nur im Park, der ist nicht weit. Ich laufe
durch die Strassen, staune was sich alles verändert hat. Ist es wirklich erst
drei Jahre her, dass ich das letzte Mal hier war? Es hat sich viel verändert.
Einkaufszentren wurden aus dem Boden gestampft, Strassen saniert und neu
gebaut. Die Struktur der Stadt hat sich verändert. Internationalität,
Modernität ist das Ziel.
Jetzt ist es dunkel. Der Strom ist
ausgefallen. Mir wird eine Kerze gebracht. Meine Gastmutter fragt: „geht es dir
gut, ist alles o. k.? Das ist normal hier, hab keine Angst.“ Ich habe keine
Angst, jetzt weiß ich, ich bin angekommen.
Dreizehn Wochen
in Georgien: ein Sprachkurs an der Tbilisi State University, mein Studienprojekt,
alte Bekannte treffen, neue kennenlernen und Aufenthalte in anderen Teilen des
Landes sind das Ziel, aber alles mit der Ruhe. Entschleunigung ist angesagt,
aus einer Minute werden schnell zehn. Aus einer Verabredung um 11 Uhr schnell
eine Verabredung um 12 Uhr. Aus einem Ausflug heute schnell ein Ausflug morgen.
Flexibilität ist angebracht. Deutsches Zeitmanagement ist zu verwerfen. Nur
beim Essen, da muss ich pünktlich sein, sonst klingelt mein Telefon und eine
besorgte Gastmutter fragt mich nach meinem Befinden. Ich passe mich wieder
langsam an, lerne mich zu entspannen und es zu genießen.
Auch aus meinem Flurfenster konnte ich das Riesenrad und den Fernsehturm sehen. Sie beschreiben die Situation in der Stadt genau so, wie auch ich diese erlebt habe. Die Baustelle kenne ich auch. Nun bin ich wieder in Berlin und mächte gern wieder nach Tbilisi. Gruß und viel Erfolg bei den Studien - wenn nicht heute dann morgen oder übermorgen.
AntwortenLöschenNachtrag:
AntwortenLöschenwww.go-geo.blogspot.com