Donnerstag, 12. September 2013
Kim Weinmann – Almaty, Kasachstan
Auslandaufenthalt in Kasachstan vom 23. August bis zum 21.
November 2013. Gaststudentin an der Deutsch-Kasachischen Universität.
Gärten, Wassergräben, die herrliche Stadt. Singende Weite
über dem Kopf, Wind, Vögel, Sonne. Und in der Ferne die
weißgekrönten Berge. Alma-Ata! Angesichts deiner Schönheit sind
meine Worte machtlos. – ein Zitat von Tair Zharokov auf das ich
zuerst in meinem Reiseführer über Kasachstan stolpere. Eine
malerische Beschreibung für Almaty, die der sowjetisch-kasachische
Dichter, welcher 1965 in Alma-Ata verstorben ist, nicht besser hätte
treffen können. Trotzdem, dass sich seit dieser Zeit vieles
verändert hat.
Am 24. August um 5.10 Uhr landete meine Maschine in Almaty.
Angekommen am Boden geht alles ganz schnell, ich fülle einen kleinen
Zettel aus, warte kurz an der Passkontrolle, achte darauf, dass ich
zwei Stempel bekomme, damit auch bei der Ausreise wieder alles glatt
geht. Dann ab zum Kofferband, auch hier muss ich nicht lange warten.
Anschließend kommt wohl der spannendste Teil einer Reise, noch
besser als die Landung mit dem Flugzeug und mit noch mehr
Bauchkribbeln verbunden, ist das Verlassen des abgesicherten
Flughafenbereiches und das erstmalige Betreten eines fremden Landes.
Der Moment in dem man wildfremde Gesichter erkennt und sich freut sie
zu sehen, nur weil sie ein Schild mit deinem Namen in der Hand
halten.
Die Eltern meiner eigentlichen Gastfamilie holen mich ab und
bringen mich zu meiner Wohnung, in der ich die nächsten drei Monate
leben werde. Anschließend zeigen sie mir kurz alles und wir
versuchen uns einigermaßen zu verständigen, was sich jedoch als
weit schwieriger erweist als angenommen, mein Russisch ist wirklich
noch sehr mangelhaft. Ich bin erleichtert dass (abgesehen von meinem
Russisch) alles so gut klappt, bis vor zwei Wochen wusste ich noch
nicht sicher, ob ich auch wirklich hier wohnen könnte, da meine
Gastfamilie kurzfristig nach Russland ausgewandert ist. Um kurz nach
6 Uhr Ortszeit liege ich dann auf einem 90cm-breiten Sofa in Almaty
in der улица Бузурбаева.
Ich habe in meinem ganzen Leben noch kein Pferdefleisch gegessen,
bis zu meinem ersten Tag in Kasachstan. Irgendwie war es mir immer
ein bisschen suspekt Pferdefleisch zu essen, nicht zuletzt
wahrscheinlich auch wegen des Pferdefleischskandals in Deutschland.
Auf jeden Fall sieht es aus wie Rind und schmeckt eigentlich auch
ganz ähnlich. Da ich natürlich erst am Ende des Essens erfuhr, was
ich aß, hatte sich die Überwindung hineinzubeißen schon von selbst
erledigt und ich hatte die Suppe schon genüsslich geschlürft, ehe
ich auf die Tatsache, dass es sich hierbei um Pferdefleisch handle,
hingewiesen wurde. Dies war wohl das einprägenste Erlebnis meines
ersten Tages in Almaty.
An den folgenden Tagen setzte ich mich hauptsächlich mit der
Deutsch-Kasachischen Universität auseinander, da keiner von meinem
Kommen wusste und somit alle total unvorbereitet waren. Obwohl ich
einen Monat vorher noch mit einer der Mitarbeiterinnen geschrieben
hatte und sie mir ja auch eine Einladung geschickt hatten, wusste
keiner von mir. Nach meinem ersten Schreck erledigte sich dies dann
aber von alleine und nun kann ich ganz regulär am Unterricht
teilnehmen.
„Wer nicht dort war, kennt Almaty nicht richtig“, so wird der
Grüne Markt im Reiseführer angepriesen und ich kann nur zustimmen.
Ein buntes Durcheinander, der Gemüsestand neben dem Warenladen mit
verschiedensten Putzmitteln, daneben ein Gewürzladen und ein Kiosk
mit diversen Zeitschriften, Handys und allerhand Krimskrams.
Natürlich gibt es auch verschiedene Abteilungen eine Obst- und
Gemüseabteilung in der sogar einige Preisschilder stehen, so kann
ich trotz der Sprachbarriere preisgünstig einkaufen. Dann eine
Fleischabteilung, in der es vielerlei Delikatessen gibt, vom
Schafskopf bis zur Kuhzunge, Därme, Mägen, jedmögliche Innerei. Es
ist ein Abenteuer für sich durch die einzelnen Gänge zu bummeln,
doch oft findet man nicht wonach man sucht. Als ich selbst noch
einmal hinging um mein Handy aufzuladen, fand ich die
Elektronikabteilung nicht mehr und bis jetzt habe ich es nicht
geschafft, sie wieder zu finden. Zum Glück kann man sein Handy aber
auch an jedem gewöhnlichen Kiosk wieder aufladen.
Die Eltern meiner Gastfamilie kümmern sich um mich genauso
liebevoll, wie eine der Cousinen, die mich regelmäßig abholt um mir
die Stadt und die Umgebung zu zeigen. Unter anderem fahren wir auch
mit der U-Bahn, diese ist wirklich ein unbegreifliches Phänomen für
mich, schon allein der Weg zu den Gleisen gleicht einer Odyssee, nie
zuvor habe ich eine so steile lange Rolltreppe gesehen, für Menschen
mit Höhenangst könnte dies ein echtes Hindernis sein. Die Stationen
selbst haben meist mit Marmor verkleidetet Wände und Böden und jede
Station ist anders gestaltet. Man fühlt sich wie in der
Eingangshalle eines noblen Hotels, jedoch eines nicht allzu gut
besuchten, denn es ist wie leer gefegt, man trifft nicht mal eine
Handvoll anderer Fahrgäste an einer Haltestelle und findet immer
einen Sitzplatz, dabei fährt die U-Bahn nur alle acht Minuten und
das bei über eine Millionen Einwohner. Jedoch erklärt sich das
vielleicht dadurch, dass die U-Bahn nur 7 Stationen hat und so gerade
mal von einem Zentrum Almatys zum anderen führt. Die Nutzung kostet
achtzig Tenge, den gleichen Preis hat auch eine Busfahrt, doch die
Busse fahren meist längere Strecken und haben oft kürzere
Wartezeiten.
Einer meiner Höhepunkt, im doppelten Sinn, ist meine erste
Wanderung in die Berge zum Peak Kumbel‘, von hier aus hat man einen
grandiosen Blick über die Steppe und Almaty, letztere jedoch unter
einer gräulichen Smogglocke verborgen. Mit dem Bus 6 geht es
Richtung Medeu. Auch dieser Bus ist ziemlich unregelmäßig und man
weiß nie genau wann er kommt, manchmal nach 20 Minuten, manchmal
muss man aber auch eine ganze Stunde oder noch länger warten. Wir
haben Glück, gerade als wir zur Bushaltestelle laufen, kommt uns der
6er entgegen, wir rennen das letzte Stück und springen dann auf –
die Busse fahren ab und zu mit offenen Türen, was sich in solchen
Momenten als Vorteil erweist.
Kurz vor Medeu steigen wir aus und dann
geht die große Wanderung los, schon nach der ersten Steigung,
wünsche ich das Ende herbei. Doch irgendwie schaffe ich es und oben
angekommen genießen wir die unbeschreibliche Aussicht. Hier kommt
mir das Zitat Zharkovs in den Sinn, angesichts dieser Schönheit sind
Worte wohl wirklich machtlos.
Die Weite Kasachstans wird einem erst
bewusst, wenn man einmal durch die Steppe gefahren ist.
Die
Erstreckung Kasachstans von West nach Ost ist genauso lang, wie die
Strecke vom westlichsten Ende Kasachstans nach
Deutschland –
unbegreiflich oder!? Hier sieht man die Schafhirten auf den Rücken
ihrer Pferde, oder die Dorfbewohner bei der Feldarbeit. Kleine Jungen
auf Pferden und an der Straße. Jugendliche auf einem kleinen
Eselskarren. Männer, mit vom Wind zerfurchten Gesichtern, die die
rauen Jahreszeiten in der Steppe widerspiegeln. Frauen mit ihren
kleinen Kindern über den Zaun gelehnt, in das Gespräch mit der
Nachbarin vertieft.
In den Parks von Almaty tummeln sich die Menschen, Junge, Alte,
Kasachen und Russen. Hochzeitspaare, die sich für Fotos an die
schönsten Plätze der Stadt begeben, doch selten sieht man ein
gemischtes Paar.
Almaty – die Worte scheinen tatsächlich machtlos angesichts
dieser Stadt, die unglaubliche Vielfalt, die Unterschiede und
Wiedersprüche, ein Schmelztiegel der Nationen. Man geht selbst darin
unter und fällt nicht auf, solange man nicht etwas gefragt wird und
die Unverständnis im Blick oder eine schlecht zusammengebastelte
Antwort einen verrät.
Leute !!! Ihr habt doch 2,5 Millionen Brüder und Schwestern der Kasachen in eurem Land leben !!! Die nennen sich Türken und wenn ihr euch nur einen Millimeter Mühe machen würdet und türkisch lernen würdet, dann könntet ihr Rucki Zucki schneller in die Köpfe und HERZEN der Kasachen eintreten.
AntwortenLöschenMaaaaaan ein Wunder würdet ihr erleben in Sachen Wohnungssuche, Einkaufen, Support sogar Freundschaften ihr blöden deutschen Piefkes !!!
Lieber Muretti,
Löschenvielen Dank für deinen freundlichen und überaus konstruktiven Beitrag. In Almaty leben jedoch nicht nur Kasachen, meine Gastfamilie zählte zum Beispiel zu den ethnischen Russen in der Stadt. Sie sprechen ausschließlich Russisch, sowie die meisten ethnischen Russen, die in Kasachstan leben. Die ethnischen Kasachen beherrschen jedoch fast alle die russische Sprache (als Quelle hierfür kann ich dir die Sonderveröffentlichung des BIOst 1998 von Beate Eschment „Hat Kasachstan ein "Russisches Problem"?“ empfehlen). Aus diesem Grund habe ich mich als Vorbereitung für mein Auslandssemsters hauptsächlich der russischen Sprache gewidmet. Viele Grüße und für meinen nächsten Aufenthalt und mein Leben in Deutschland werde ich versuchen mir noch türkische Sprachkenntnisse anzueignen.