Lilian-Marleen Beck - Jalal-abad, Kirgistan
Im Südwesten Kirgistans bin ich dabei eine Auftragsforschung
für das biocotton project der Organisation Helvetas Kirgistan zu machen. Ihr
Sitz ist in der Stadt Jalal-abad. Hier
habe ich auch meinen konstanten Wohnsitz aber wochenweise bin ich in den
Baumwolldörfern und wohne bei Bauernfamilien. Gerade habe ich einen Film für
die Organisation über ökologischen Baumwollanbau fertiggestellt. Was soll ich
erzählen? Ich glaube am besten kann man sich den Alltag vorstellen, wenn ich
euch von einem Tag hier erzähle.
Zum Beispiel von diesem:
Endlich nach langem Warten bekomme ich wieder Übersetzung,
und auf einmal scheint alles möglich. Heute
fahren wir nach Tamarik, ein Dorf am Fuße der Berge, das oft unerreichbar ist
mit normalen Autos, wegen Überschwemmungen, durch die Bergflüsse. Während der
Autofahrt konzentriere ich mich darauf nicht auf das Verkehrsgeschehen zu
achten, sonst stellen sich mir die Nackenhaare zu Berge. Der Fahrstil gleicht
hier der Annahme man wäre in einem Computerspiel mit 10Leben.
Wir fahren an Melonenständen, Mais – Baumwoll- und Reisfeldern vorbei, manchmal muss das
Auto bremsen weil wir in eine Schafherde geraten, die unbeirrt ihrer Wege am
Auto vorbei zieht. Über einen holprigen Weg erreichen wir schließlich das Haus
der Groupleaderin der Biobaumwollgruppe in Tamarik. In einem Haus aus 2Zimmer
und einer Terrasse bestehend werden wir freudig mit Chai, Brot, das
traditionelle Gericht Plof (Reis mit Baumwollöl und ein bisschen Fleisch), begrüßt. Gulzaada meine Übersetzerin wird gleich
aufgeregt gefragt welche Fragen wir haben. Und schon sind wir mitten im
Interview. Wir werden von der Group Leaderin von einem Haus zum anderen
geführt. Nach einem Interview mit einem Ökonom in Pension und
leidenschaftlichem Bauern werden wir stolz durch seinen Garten geführt, der in
unglaublicher Blüte erstrahlt, in dieser ausgedörrten Umgebung, deren Hügel
Wüstendünen zu gleichen scheint.
In einem anderen Haus bekommen wir zum Abschied viel Gemüse
aus dem Garten geschenkt. Sie sind stolz - alles ohne Chemikalien!
Abends wird Gulzaada gleich eingespannt in die
Vorbereitungen des Mahls, ich darf als ausländischer Gast nicht helfen. Fühle mich dabei unwohl aber beschäftige mich
mit Notizen und beobachte aus der Ferne, wie sie in der typischen Außenküche
über Feuer kochen. Über den Hügel wird das Vieh nach Hause getrieben.
Während des Abendessens gibt es japanischen Aktion zur
Begleitung, die drei Enkel die bei der alleinstehenden Groupleaderin leben
sitzen in einer Reihe und schauen gebannt in den Fernseher. Als eine leichtbekleidete Frau auftaucht wird
weitergespult.
Im Dunkel der Nacht erscheint mir die Vielschichtigkeit der
Wahrheit undurchdringbar, doch morgen werde ich weiter suchen nach den vielen
Gesichtern der Realitätswahrnehmung und Darstellungen.
Wie von der Oberfläche in die Tiefe dringen? Wieder einmal wünsche ich mir fließend
Kirgisisch zu sprechen. Ich beschließe länger in diesem Dorf zu bleiben,
vielleicht entkoppelt das Vertrauen der Bauern, die Darstellung von der Beschreibung der eigenen
Realitätswahrnehmung.
Zu ein paar Dingen, über die ich mir Gedanken gemacht habe
bevor ich nach Kirgistan flog:Im Süden gibt es so wenig Fleisch, dass es kein
Problem ist es auszulassen. Habe seit 2
½ Monaten keinen einzigen Bissen Fleisch zu mir genommen ohne die Sympathie von
meinen Gastgebern einzubüßen. Mein Ehering tut gute Dienste, nachdem eine der
ersten Fragen verheiratet? Gestellt wurde, werde ich in Ruhe gelassen.
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