Welcome to an indian winterwonderland
Auslandssemester in
Neu-Delhi vom 26.September 2013 – 30. Januar 2014.
Meine Reise in das indische Winterwunderland begann am 25.
September 2013 – nun ja, eigentlich begann die Reise da erst in das indische
Wunderland. Am 26. September erreichte ich die Hauptstadt Neu-Delhi am frühen
Morgen und erlebte somit gleich das Erwachen der Stadt. Trotz der ungewohnten
Umgebung und der vielen, Vielen, VIELEN Menschen war ich recht ruhig geblieben
und weniger überfordert als ich erwartet hatte. Nach vier Tagen
Eingewöhnungszeit und viel Schlaf fuhr ich das erste Mal alleine mit der Autorikscha
zur Arbeit.
Ich arbeite in einem Kinderheim für Kinder, die nach dem
Juvenile Justice Act 2000 als „in need of care and protection“ bezeichnet
werden. Das bedeutet, dass die Kinder von ihren Eltern nicht versorgt werden
können, sei es finanziell oder weil ihre Eltern sie missbraucht haben oder aus
anderen Gründen. Es gibt unzählige unterschiedliche Fälle mit einer Gemeinsamkeit
– sie sind keine Waisen und können nicht adoptiert werden. Die NGO
(Nicht-Regierungs-Organisation) besteht aus einer indischen und einer
französischen Organisation, die gemeinsam das Projekt „Tara“ verwalten. „Tara“
ist Hindi und bedeutet übersetzt „Stern“. Tara besteht wiederum aus zwei
Kinderheimen. Das erste wurde 2008 gegründet und heißt Tara Boys. Es ist ein
Heim für Jungs zwischen 6 und 18 Jahren. Das zweite Heim, Tara Tots, wurde 2011
gegründet. Hier wohnen momentan 18 Kinder zwischen 2 und 10 Jahren. Beide Heime
sind für maximal 20 Kinder ausgestattet. Pascal Fautrat, der Initiator und
Gründer der Organisation, erklärt dies anhand eines Prinzips aus der
Sozialarbeit. Es gibt eine sogenannte kritische Masse (critical mass), ab der
es unmöglich wird, Gewaltsituationen zu vermeiden und zu kontrollieren. Für
Tara liegt diese kritische Masse bei 20, da die gegebenen Kapazitäten (Größe
der Wohnung, Anzahl der Mitarbeiter, Lebensstandard etc.) bis zu dieser Zahl finanziell
bewältigt werden können. Die Ziele sind zunächst, Sicherheit zu schaffen, jedem
Kind eine sehr gute Bildung zu ermöglichen und diese in einer familienähnlichen
Umgebung umzusetzen. Erreicht wird dies durch die Begrenzung der Heime auf 20
Kinder pro Heim, die Ermöglichung des Schulbesuchs bei den renommiertesten
Privatschulen in Delhi sowie der Auswahl der sichersten (und somit auch
teuersten) Wohngegend in Delhi.
Mehr zur Organisation findet ihr auf www.taraindia.org.
Recht schnell fand ich meinen Platz in der Organisation und
konnte viele Baustellen herausarbeiten und bearbeiten. Ich wurde auch sehr schnell
von allen akzeptiert und integriert. Dabei habe ich viel Verantwortung
zugesprochen bekommen. Mittlerweile arbeite ich in den meisten Bereichen des
Heimes mit, sei es bei der Personalplanung und Entwicklung, Buchhaltung,
Verwaltung des Tagesablaufs, psychischer sowie physischer Gesundheit der Kinder
und vieles mehr.
So vergingen zwei Monate bis der erste Dezember vor der Tür
stand. Diesen verbrachte ich mit meinem Freund und Kommilitonen und Kommilitoninnen
am heißen Strand von Varkala bis in die späten Abendstunden. Ein etwas anderer
Start in die Winter-Weihnachtszeit als im gewohnten Deutschland, wo ich zu
dieser Jahreszeit für gewöhnlich mit einer Tasse heißer Schokolade in eine
Decke eingekuschelt wäre. Am 2. Dezember endete die Reise in den Süden und ich
flog wieder in das „kalte“ Delhi – bei 15-20°C tagsüber. Für mich ging die
Reise jedoch kurz darauf weiter. Zunächst mit meinem Freund nach Agra und
Jaipur für ein paar Tage – wieder in die Wärme – und gleich darauf nach Nepal –
wieder in die Kälte.
Ein sehr physisch, teils auch psychisch, strapazierender
Winteranfang, der sich dann auch in einer langanhaltenden Sinusinfektion
äußerte. Trotz der Erkältung habe ich mit meiner Schwester in Nepal zehn
wunderschöne und kalte Tage verbracht. Aufgewärmt wurden wir täglich von zehn
Tassen MasalaChai für umgerechnet 20-30 Cent pro Tasse.
Die nepalesische Kultur mit ihrer ruhigen und sehr
gelassenen Lebenseinstellung haben wir auch nur zu gut kennen gelernt. Meine
Schwester arbeitete ebenfalls in einem Kinderheim und somit hatte ich einen
direkten Vergleich zwischen dem indischen und nepalesischen System. Von einem wundervollen
Paar gegründet und geleitet, jedoch in finanzieller wie organisatorischer Not,
öffneten sie uns die Türen zur typisch nepalesischen Einstellung. Wenn etwas
nicht funktionierte oder unlogisch erschien, erhielten wir immer die Antwort „That’s
Nepal!“ Immer im und für den Moment zu leben, scheint ein
generelles Lebensmotto zu sein.
Nach diesem Motto haben wir schließlich auch für zehn Tage
gelebt und viel gemeinsam erlebt von Paragliding über hindu-buddhistische
Sehenswürdigkeiten bis zu einer authentischen Dorfführung durch die
nepalesischen „Mud-huts“ der Tharu-Kaste im Chitwan Nationalpark.
Pünktlich zur Weihnachtsfeier waren wir wieder in Delhi.
Hier war dann auch schon etwas mehr Weihnachtsstimmung aufzufinden als in
Nepal, insbesondere in den Einkaufszentren. Eine der größten und bekanntesten
Shopping Malls „Select City Walk“ dekoriert zu jedem Fest ausführlichst seine
Hallen.
Hier einige Fotos der Weihnachtsdekoration in und um die
Mall herum.
Wie zu erkennen ist, konnte ich keine komplette Aufnahme des
Baums bekommen, da ich inmitten einer riesen Menschenmasse stand, die allesamt
ein Foto von sich mit dem Baum wollten. Es scheint eine sehr beliebte
Attraktion zu sein. Auf facebook sind diese Fotos dann alle wieder zu finden.
Und es gab Schneemänner und sogar einen indischen
Weihnachtsmann!
Scheinbar gab es auch einen indischen Weihnachtsmarkt, den
ich leider erst auf dem Foto entdeckt habe. Vermutlich hätte ich hier jedoch
keinen Lebkuchen und Glühwein bekommen. Ganz ohne Lebkuchen musste ich jedoch
nicht auskommen. Zum Glück werden sie bei uns schon im Oktober verkauft, so
konnte mein Freund Ende November bereits ein paar Packungen mit nach Indien
schmuggeln.
In meiner Organisation wurde die diesjährige Weihnachtsfeier
von einer Sponsorin geplant. Sie kam für zwei Wochen aus Frankreich, um mit den
Tara Boys und Tara Tots Weihnachten zu feiern. Zudem war ein australisches Fundraising-Team
dabei, das sich um die Finanzierung der Party kümmerte. Die Kinder haben mit
den regelmäßigen Volunteers Weihnachtsdekorationen gebastelt und 2 Monate vor
Weihnachten bereits vom Weihnachtsmann erzählt. Eines Tages erzählte mir einer
der 6-jähirgen Jungen:
„Mam, on
Christmas snow is coming and I make a snowman!“
Weihnachten kam, der Schnee blieb jedoch leider fern. Aber
der liebe Santa Claus klopfte dafür an die Tür und verbreitete viele glückliche
Gesichter. Für die Kleinen gab es meistens Mützen, Zahnbürsten und Hausschuhe.
Mit ein wenig Einfluss des Teams konnten etwas nützlichere Geschenke
organisiert werden.
Seltsamerweise gab es für die Kinder bereits am 21. Dezember
eine Weihnachtsfeier, ebenfalls mit einem Weihnachtsmann, da eine
Partnerorganisation eine Feier für die Kinder organisiert hatte. Außer mir
schien niemand zwei Weihnachtsfeiern für seltsam zu halten.
Achja, und derselbe Junge meinte erst letzte Woche, als sie
sich für „Park-Time“ fertig machten:
„I’m going
to build a snowman at the park“. =)
Für mehr Bilder der Kinder und der Weihnachtsfeier einfach
hier klicken http://www.taraindia.org/
Ich erkannte leider erst nach Weihnachten, was den
kompletten Dezember über gefehlt hat – der ultimative Weihnachtsstimmungsmacher
„Last Christmas“. Jedes Jahr beschwert man sich über dieses Lied und seine
lange Spielzeit im Radio. Wenn man es aber ein Jahr verpasst, dann fehlt doch
irgendwie etwas an Weihnachten. =)
Dieses Jahr verbrachte ich mit meiner Schwester und Mitbewohnerin
einen ruhigen Silvesterabend. Am nächsten Tag ging es schließlich wieder zur
Arbeit. Nun geht der Alltag in Delhi wie gehabt weiter und ich bin gespannt,
was ich noch alles in meinem letzten Monat erleben werde. Vermutlich ähnliche
Situationen wie folgende.
Umzingelt von Schulmädchen beim Ausflug zu HumayunsTomb.
Jeder Tag scheint ein Schulausflugstag zu sein. Ruhe bekommt man an Delhis Sehenswürdigkeiten
nie. Das ist eben
„incredible India“!
„incredible India“!
Heather Attwood
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